Das Wesen des Kosmos IV

  • Nachfolgender Text beeinhaltet denzweiten Teil des in der 1. Auflage veröffentlichten Version. In deraktuellen, wesentlich erweiterten 2. Auflage, wurde er komplettüberarbeitet.

    Das Wesen des Kosmos III
    Das 'Ich bin'


    Die Komplexität des Themas erfordert es – wie bereits zuvor –, mehrere Pfade gleichzeitig zu beschreiten. Die Bewusstwerdung des 'Ich bin' wird als Krone der Schöpfung bezeichnet, weil sie das Wunderwerk des Kosmos aus der Dunkelheit ins Licht der bewussten Wahrnehmung rückt. Die Beschreibung erinnert an die alten Schöpfungsmythen oder, um wieder einmal die Physik zu bemühen, an den Zeitpunkt, als der Kosmos lichtdurchlässig wurde. Kein 'Ich bin' bestreitet, dass Wahrnehmung bereits vor der bewussten Wahrnehmung existierte; sie war – und ist es größtenteils noch – dem 'Ich bin' als bewusste Wahrnehmung nur bedingt zugänglich. Obwohl wir im Jetzt über tief greifende Kenntnisse der Wahrnehmung verfügen, nicht nur in Bezug auf das 'Ich bin' und dessen Entwicklung, die uns in Form von Sprache zugänglich ist bzw. als bewusste Wahrnehmung erscheint, ist unser Wissen eng begrenzt.


    Zu Beginn dieser Schrift habe ich gesagt: Der Leser, welcher auf der Münze das 'Ich bin' verorten will, sollte ein beliebiges Atom auf der materiellen, nahe der spirituellen, Seite dazu bestimmen. Die begrenzte Wahrnehmung des 'Ich bin' führt zu dem Trugschluss, dass die Entwicklung des Kosmos nicht als umfassende Einheit erfahren wird, sondern als materielle Entität, die im Verlauf ihrer Entwicklung ein Bewusstsein ihres Selbst erwarb, folglich auch spiritueller Natur ist, im Gegensatz zu der das 'Ich bin' umgebenden Mannigfaltigkeit des Kosmos. Umfassendere Sichtweisen wie die von Pierre Teilhard de Chardin6 werden im Allgemeinen dem religiösen oder esoterischen Bereich zugeordnet, weil das westliche, physikalisch geprägte Weltbild einen anderen Pfad der Beschreibung des Wesens des Kosmos eingeschlagen hat.


    Pierre Teilhard de Chardin sagte: 'Nur dann, wenn eine Entität in physischer Hinsicht ausreichend komplex ist, kann auch die korrespondierende geistige Seite komplexe Züge annehmen. Ein Atom etwa ist nicht ausreichend komplex, um ein Bewusstsein zu haben. Ein Lebewesen wie der Mensch hat jedoch eine ausreichend komplexe Anordnung des Physischen, sodass die korrespondierende geistige Anordnung ein bewusstes Erleben aufweist.' Die komplexe Entität ist das 'Ich bin'. Die Komplexität der Entität, als deren Einheit das 'Ich bin' erscheint, bedingt zahlreiche Modelle zur Erklärung des Bewusstseins, deren Mannigfaltigkeit in der begrenzten Wahrnehmung begründet ist. Das 'Ich bin' will wissen, woher es kommt, weshalb es ist, es so ist und nicht anders; es will Licht ins Dunkel seiner Vergangenheit bringen. Mit jedem Jetzt wird der Bereich, der vom Licht des Bewusstseins erhellt wird, für das 'Ich bin' umfassender.


    Wie stellen wir uns das 'Ich bin' vor? Das 'Ich bin' besitzt Vergangenheit – das es Bedingende – und damit Entwicklung; es ist eine komplexe Entität. Als 'Ich bin' ist es Einheit einer Entität von Körper und Geist oder in der bisher verwendeten Begrifflichkeit: Es ist sich seiner Entität bewusste Einheit der Zweiheit von materieller und spiritueller Realität. Die Vergangenheit bedingt das 'Ich bin', ist dessen umfassendes Wissen, das dem 'Ich bin' nur teilweise als Wahrnehmung zur Verfügung steht, und es besitzt Kenntnis von der Begrenzung seiner Wahrnehmung.


    Das 'Ich bin' ist aufgrund der Kontinuität, mit der es an seine Vergangenheit geknüpft ist; es erfährt sich als die (seine) Vergangenheit umfassende Einheit. Nun besitzt ein Stein oder ein Tier ebenfalls seine Vergangenheit und verfügt trotzdem nicht über ein 'Ich bin'. Das 'Ich bin' ist folglich auf andere Weise in den Kreislauf von Bewirkt-Werden, Wandel und der Einheit des Gewandelten involviert. Es ist der Beobachter einer Entität, dessen vielfältigem Wandel, dem es in der Innen- wie der Außenwelt aufgrund des Bewirkt-Werdens unterliegt. Mit anderen Worten: Die Entwicklung zum Komplexen und Höheren bedingt eine umfassendere Wahrnehmung. Das 'Ich bin' Bedingende scheint im Licht des Bewusstseins aus dem Dunkel der Vergangenheit auf. Der Kreislauf des Wandels ist sichtbar geworden und wird beobachtet.


    Wie der Kosmos die Einheit der Zweiheit ist, so ist das 'Ich bin' Einheit einer Entität, der Beobachter seiner selbst und des Wesens des Kosmos. Bewusstsein ist folglich: Wahrnehmung des Wandels als Entität, des 'Ich bin' als dessen Einheit von materieller und spiritueller Realität oder von Körper und Geist der Entität. Der Wandel als Entität umfasst zugleich die Einheit von materieller und spiritueller Realität, aufgrund des Wesens des Kosmos und bedingt als neue Einheit eine Entität, die nicht nur eine komplexere Vergangenheit besitzt, sondern zudem über eine umfassendere Wahrnehmung verfügt. Die Entität erfährt sich mit zunehmender Komplexität und der mit ihr korrelierten umfassenderen Wahrnehmung, sowohl in Bezug auf die materielle und spirituelle Realität als auch auf seine Vergangenheit, als Entität. Im Jetzt verknüpft die Entität aufgrund eines Bewirkt-Werdens das sie Bedingende zu einer neuen Einheit, die ihr in Form von Kontinuität der Vergangenheit Dauer und Individualität einprägt. Mit fortschreitender Entwicklung strebt dieser Prozess zum 'Ich bin' als Begriff für die Einheit der Entität. Der Prozess selbst – die Verknüpfung des ihn Bedingenden mit dem Bewirkt-Werden – liegt im Wesen des Wandels begründet, in dessen einfachster Form. Mit zunehmender Komplexität wird der im Jetzt durch ein Bewirkt-Werden bedingte Wandel zu stets umfassenderen Einheiten verknüpft.


    Die Einheit des Kosmos als Zweiheit bedingt in der Wahrnehmung des 'Ich bin' zwei Pfade: materielle und spirituelle Realität oder synonym dafür Materie und Energie, Körper und Geist. Das Jetzt der Entität ist Ausdruck der Einheit, die sich aus seiner Vergangenheit und einem Bewirkt-Werden ergibt; wobei das Bewirkt-Werden auch durch eine komplexe Entität bedingt werden kann. Die neue Entität im Jetzt ist für das 'Ich bin' stets umfassender als ihr Vorausgegangenes, wie es ihr in der Wahrnehmung erscheint. Daraus folgt: Erst in der Einheit des Jetzt erfährt die neue Entität in der Wahrnehmung ihre umfassendere Vergangenheit, die sie im Jetzt bedingt.


    Noch einmal: Die Entität wandelt sich aufgrund eines Bewirkt-Werdens gemäß ihrer Vergangenheit, wobei die Vergangenheit mit ihrem umfassenden Wissen korreliert ist. Umfassendes Wissen – siehe oben – bedingt genau einen möglichen Wandel für die Entität. Für weniger komplexe Entitäten ist das evident, doch in Bezug auf das 'Ich bin' scheint dieser Sachverhalt, zumindest in dieser Weise, nicht mehr zutreffend zu sein.


    Der Grund ist: Die Entität wirkt als Einheit (Mensch, Tier usw.). Nun ist jede Entität zugleich Einheit und Teil einer umfassenderen Entität usw. Mit zunehmender Komplexität umfasst die Entität als Einheit folglich eine Mannigfaltigkeit von Entitäten. Anders formuliert: Komplexe Entitäten werden zum Zeitpunkt des Jetzt auf vielfältige Weise bewirkt. Zum einen durch die Mannigfaltigkeit des Bewirkt-Werdens der sie bedingenden Vergangenheit (Innenwelt) und zum anderen durch das vielfältige Bewirkt-Werden durch das Andere (Außenwelt). Jedes Bewirkt-Werden bedingt den einzig möglichen Wandel und das Gewandelte als daraus resultierende neue Einheit.


    Die Verknüpfung von Entitäten führt zu umfassenderem Wissen und die schnelle Zunahme des Wissens wird für die Entität im Fortgang ihrer Entwicklung zum Problem. Die komplexe Entität muss sich als umfassende Einheit im Jetzt als Entität wandeln. Ihre Komplexität verzögert mit zunehmender Entwicklung den Wandel als Entität in Bezug auf die Außenwelt (sie verharrt oder gefriert, bis die Vergangenheit den Wandel bedingt), oder das Jetzt zwingt die Entität zum Wandel, sodass nur eine begrenzte Vergangenheit den Wandel im Jetzt bedingt. Mit anderen Worten: Die Komplexität der Entität reduziert das den Wandel im Jetzt Bedingende. Die Entität wandelt sich infolgedessen nur bedingt ihrer Vergangenheit bzw. ihrem Wesen gemäß. Die Bedingung des umfassenden Wissens, das den einzig möglichen Wandel der Entität bedingt, ist somit nicht mehr gegeben und es scheint, als vollziehe die Entität den Wandel dadurch mit zufälliger Beliebigkeit. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie Paragraf elf besagt: Das umfassende Wissen bezeichnet den Pool an Wissen, der infolge eines Bewirkt-Werdens den einzig zulässigen Wandel der Entität bedingt. Die komplexe Entität wandelt sich demzufolge im Jetzt, stets im Einklang mit dem Wesen des Kosmos.


    Welche Pfade die komplexe Entität nahm und in Zukunft nimmt, bzw. welche Kriterien, außer dem Erhalt des Ursprünglichen, der Entität selbst, den Pool für das umfassende Wissen bilden, das im Jetzt den Wandel der Entität in der Außenwelt bedingt, kann in dieser Schrift ebenso wenig erörtert werden, wie die Folgerungen aus dem Gesagten.


    Die komplexe Entität kann, wie wir gesehen haben, ihre Vergangenheit im Jetzt nie umfassend wahrnehmen. In Bezug auf die Entität des 'Ich bin' bedeutet dieser Sachverhalt: Das den Wandel im Jetzt Bedingende ist dem 'Ich bin' aufgrund seiner Komplexität nie umfassend in der Wahrnehmung gegeben. Das 'Ich bin' ist – siehe oben – die Entität einer Einheit im Jetzt, die zum einen durch ihre Vergangenheit (Innenwelt) und zum anderen durch das Andere (Außenwelt) bewirkt und zum Wandel in vielfältiger Weise gezwungen wird. Die Komplexität des Wandlungsgeschehens kann im Gegensatz zur Innenwelt (parallel verlaufende Prozesse), im Jetzt der Außenwelt stets nur einen Wandel bedingen.


    Des Weiteren existiert das 'Ich bin' stets im Jetzt und ist dadurch die Einheit einer Vergangenheit, die als 'Ich bin' – Entität – die Vergangenheit des 'Ich bin' im Jetzt bedingt. Für das 'Ich bin' als Entität folgt daraus: Das den Wandel im Jetzt Bedingende bleibt dem 'Ich bin' verborgen, bzw. erscheint ihm zu einem späteren Jetzt in der Wahrnehmung. Und: Das den Wandel Bedingende ist dem 'Ich bin' nur in Bezug auf die das 'Ich bin' konstituierende Vergangenheit möglich, soweit sie ihm in der Wahrnehmung im Jetzt zugänglich ist.


    Wenn deshalb das 'Ich bin' sagt: 'Aus diesem Grund habe ich so gehandelt', so ist dies ein Trugschluss, der in der Wahrnehmung der Entität des 'Ich bin' begründet ist und erst mit dem 'Ich bin' überhaupt ins Licht der Betrachtung gelangte.


    Für das 'Ich bin' umfasst die zugängliche Wahrnehmung nur die 'Ich bin'-Entitäten seiner Vergangenheit. Diese Vergangenheit umfasst das 'Ich bin' Bedingende und die Vergangenheit der Mannigfaltigkeit (Gattung), der es als Nicht-Eins zugehört. Die Wahrnehmung des Eins, der Mannigfaltigkeit, ist umfassender als die des Nicht-Eins. Diese Vergangenheit ist für das Nicht-Eins wie das Eins stets wahrnehmbar. Die Wahrnehmung des 'Ich bin' kann folglich – aufgrund der Verknüpfung des 'Ich bin' zu neuen Einheiten – theoretisch die Vergangenheit des Kosmos umfassen.


    Bewusstsein wird oft mit einem Spot verglichen, dessen Lichtkegel die Arbeit des Gehirns ins bewusste Gedächtnis hebt. Das 'Ich bin' im Jetzt würde demnach eine Reihe früherer 'Ich bin' – Entitäten zu einer neuen, umfassenderen 'Ich bin'-Einheit verknüpfen. Erinnern wir uns der unterschiedlichen Definitionen des Jetzt, so bedingt das Bewusstsein ein umfangreicheres Jetzt. Mit anderen Worten: Es ist von größerer Dauer und ermöglicht dem 'Ich bin' im Jetzt eine umfassendere Wahrnehmung. Die Wahrnehmung des 'Ich bin' wird durch dessen Komplexität bedingt und führte bereits mit Beginn des Kreislaufs dazu, die Einheit der gewandelten Entität als wiedererkennbare Struktur mit der Vergangenheit zu verknüpfen.


    Für das 'Ich bin' ist der Begriff, die Sprache, Ausdruck der Codierung. Damit ist nichts über das 'Ich bin' als umfassende Entität ausgesagt. Codierung befähigt die Entität schneller auf das Bewirkt-Werden mit Wandel zu reagieren und erhöht dadurch die Chance seines Erhalts. Mit welcher Geschwindigkeit dieser Kreislauf in der Realität abläuft, dazu fehlt uns im Jetzt das Wissen. Da er uns bisher verborgen geblieben ist, führt dies zu der Vermutung, dass seine Periode nur von kurzer Dauer sein kann. Das 'Ich bin' nimmt die Dauer der Wahrnehmung im Jetzt als Einheit einer Reihe von 'Ich bin'-Entitäten, seiner Vergangenheit, wahr. Damit beobachtet das 'Ich bin' sich selbst als Entität bei ihrem vielfältigen Wandlungsgeschehen, und es verfügt über keine Wahrnehmung (Kenntnis), weshalb dieser Begriff oder diese Reihe von Begriffen in seinem Bewusstsein erscheint. Sein Wissen im Jetzt darüber ist bereits Einheit eines späteren Jetzt, bedingt durch das im Nachhinein umfassendere Wissen, das dieses Wandlungsgeschehen in der Innenwelt (Denken), oder das Tun in der Außenwelt (Handlung) bedingte.


    Bevor wir einen Ausblick in die Zukunft des 'Ich bin' in Bezug auf seine Teilhabe am Wesen des Kosmos werfen, ein letzter Blick auf das 'Ich bin'. Dazu wenden wir uns, in aller Kürze, dem Problem von Körper und Geist zu, wie es sich dem 'Ich bin' im Jetzt stellt.


    Die Einheit des Kosmos ist Zweiheit – materielle und spirituelle Realität. Das 'Ich bin' als Einheit einer Entität nimmt das Wesen des Kosmos in der Wahrnehmung stets als Zweiheit, als zwei getrennte Pfade wahr. Weshalb das 'Ich bin' die Zweiheit des Kosmos nicht zur Einheit auflösen kann, liegt bisher im Dunkel der Vergangenheit. Dies bedingte in der Entwicklung des 'Ich bin' als Entität die Sichtweise der getrennt verlaufenden Pfade von Körper und Geist. Die materielle Realität verfügt – in der Wahrnehmung des 'Ich bin' – über ein wesentlich umfangreicheres Wissen, im Gegensatz zur spirituellen Realität, die bisher, wie es scheint, eher ein Schattendasein führte. Der Grund für das unterschiedliche Wissen liegt in der Wahrnehmung bzw. in der Vergangenheit des 'Ich bin' begründet; die materielle Realität umfasst in der Wahrnehmung des 'Ich bin' im Jetzt nahezu seine gesamte Vergangenheit, die spirituelle Realität umschließt dagegen einen geradezu verschwindend kleinen Teil. Diese Diskrepanz in der Wahrnehmung bedingt die materielle Sichtweise des heutigen 'Ich bin' als Entität, sowohl in Bezug auf sich selbst als auch auf das Wesen des Kosmos. Das Spirituelle, der Geist, ist für das 'Ich bin' somit ein Spätes, von der Entwicklung der Entität hervorgebrachtes Neues.


    Jede Sichtweise in Bezug auf das Wesen des Kosmos, dessen Anfang, Entwicklung und Zukunft, wird durch sein Wesen bedingt und legt Zeugnis dafür ab, dass die Entität in die Mannigfaltigkeit, das Einfache zum Komplexen und das Niedere zum Höheren strebt. Jede Betrachtung der Vergangenheit mehrt die Mannigfaltigkeit. Nicht der Begriff der Wahrheit des 'Ich bin' ist für das Wesen des Kosmos von Bedeutung – obwohl der Begriff 'Bedeutung' ebenso falsch ist wie irreführend, weil er wertend ist – sondern nur der Fortgang der Entwicklung.


    Das 'Ich bin' wird durch die Komplexität seiner Vergangenheit bedingt, die eine zunehmend umfassendere Wahrnehmung des 'Ich bin' bedingt. Die Entität, die dem 'Ich bin' als Symbiose von Körper und Geist, als Einheit zur Verfügung steht, bedingt durch die begrenzte Wahrnehmung des 'Ich bin' seine in der materiellen Realität begründete Vergänglichkeit. Der Mangel, die Zweiheit des Kosmos zur Einheit aufzulösen, bedingt nicht nur diesen Trugschluss, sondern führt im Weiteren zum Problem der Qualia, mit deren kurzer Beleuchtung dieses Kapitel abgeschlossen wird.


    Was sind Qualia? Sie sind der subjektive Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes. Mit anderen Worten: Das Bewirkt-Werden des 'Ich bin' und der dadurch bedingte Wandel, der in der daraus resultierenden Einheit und als gewandeltes Wirken zum Ausdruck gelangt, tritt dem 'Ich bin' in unterschiedlicher Weise in die Wahrnehmung. Nähern wir uns dem vermeintlichen Problem zuerst über die Begriffe, mit denen es formuliert wird.


    'Subjekt': Das 'Ich bin' zum Zeitpunkt des Jetzt, als Folge der Entwicklung, die durch seine Vergangenheit bedingt wird.


    'Erlebnisgehalt': Frieren, Hungern oder das Sehen der Farbe Rot, und die damit verbundenen frühere Wahrnehmungen, in Form von Emotionen, Assoziationen usw.


    'Mentaler Zustand': Er zeichnet sich durch Erleben aus; es fühlt sich für das 'Ich bin' auf eine bestimmte Weise an, etwas zu erleben.


    Das 'Ich bin', so haben wir festgestellt, ist ein Spätes in der Entwicklung und liegt als Gipfelstein auf der Pyramide des seine Entität Bedingenden. Nun ist das 'Ich bin' Nicht-Eins und Eins, Entität wie Mannigfaltigkeit durch seine Teilhabe an der Mannigfaltigkeit, der es angehört. Deshalb wird das 'Ich bin' sowohl von der Vergangenheit des Nicht-Eins als auch des Eins bedingt, sofern es mit der eigenen Vergangenheit verknüpft ist.


    Folglich ist das 'Ich bin' Nicht-Eins als Entität und Eins als Mannigfaltigkeit, innerhalb derer es existiert. In Bezug auf das Qualia Problem bedeutet das: Jedes Nicht-Eins nimmt in der Wahrnehmung das Gleiche wahr, wird durch das Bewirkt-Werden aber unterschiedlich, gemäß seiner Vergangenheit, gewandelt. Mit anderen Worten: Jeder Mensch erlebt im Allgemeinen dieselben Erlebnisgehalte, jedoch empfindet er dieses Erleben auf subjektive Weise; es fühlt sich für ihn auf bestimmte, individuelle Weise an. Was verbirgt sich hinter Begriffen wie 'Erleben', 'Empfinden' ('Gefühl')? Was bedingt sie?


    Formulieren wir oben stehende Bezeichnung für Qualia um: Sie sind der mentale Zustand eines subjektiven Erlebnisgehaltes, oder: Sie sind der subjektive, mentale Zustand eines Erlebnisgehaltes. Gehen wir in der Entwicklung des 'Ich bin' ein gutes Stück zurück. Die Entität erfährt ein Bewirkt-Werden, wandelt sich zur neuen Einheit, unter Erhalt der sie bedingenden Entitäten.


    Die neue Einheit, als resultierende Entität, wird vom Anderen (Außenwelt) und von ihrer Vergangenheit (Innenwelt) bewirkt und wandelt sich daraufhin. Stellen wir uns jeden dieser vielfältigen Kreisläufe von Bewirkt-Werden, Wandel und dem Gewandelten als resultierende Einheit, als Struktur vor, so wird jede Entität von einer Vielzahl von Strukturen bewirkt, die Wandel bedingen, die Entität erneut bewirken usw.


    Das einzige Kriterium, das im Wesen des Kosmos begründet ist, ist der Erhalt der ursprünglichen Entitäten als seine Vergangenheit. Ein weiterer, die Entwicklung der Entität beeinflussender Aspekt liegt im Streben der Entität in die Mannigfaltigkeit begründet. Mannigfaltigkeit wirkt wie ein Katalysator, er beschleunigt. Mit jedem Jetzt umfasst die Entität mehr Strukturen, die sie bewirken und zum Wandel zwingen. Entsprechend dem 'Ich bin' im Jetzt, das eine Reihe von früheren 'Ich bin'-Entitäten zur umfassenderen Bewusstseinseinheit verknüpft, reagiert die komplexe Entität auf die mit der Mannigfaltigkeit korrelierte Beschleunigung. Mit anderen Worten: Die mit zunehmender Komplexität zum Erhalt der Entität erforderliche Reaktionszeit auf die Vielzahl des Bewirkt-Werdens führte zur Verknüpfung von zwei gewandelten Entitäten zu einer umfassenden Einheit. Dies ist ein Prozess, der nicht nur zur Entwicklung komplexer Entitäten, sondern auch zu Strukturketten führt, die, als umfassendere Einheit, den Wandel auf ein Bewirkt-Werden der Entität beschleunigten, weil die Entität auf die Vielzahl des Bewirkt-Werdens (Innen- wie Außenwelt) schneller mit Wandel (Tun) in der Außenwelt als Entität reagieren kann, indem dieses Tun im Jetzt von den eben beschriebenen Strukturketten bedingt wird.


    Mit zunehmender Komplexität verschärft sich für die Entität aufgrund der Beschleunigung das Problem des Wandels gemäß dem umfassenden Wissen. Der Wandel wird jetzt nicht mehr von der gesamten Vergangenheit der Entität bedingt, sondern anhand neuer Kriterien, die das umfassende Wissen auf den Pool an Wissen reduzieren, der infolge des vielfältigen Bewirkt-Werdens den einzig zulässigen Wandel der Entität in der Außenwelt als Tun bedingt. Dem 'Ich bin' als Entität wird dadurch ein beschleunigter Wandel in der Außenwelt ermöglicht, der dem Bewirkt-Werden eben dieser Außenwelt entspricht und zugleich Ausdruck seines Wesens ist.


    Die Frage, weshalb die Entität diese Entwicklung nahm, liegt im Wesen des Kosmos begründet. Der Erhalt der ursprünglichen Entitäten, ihr weiteres Wirken, sowohl als Entität als auch in der Einheit der gewandelten Entität, führte mit zunehmender Komplexität zu einer Mannigfaltigkeit an Einheiten und/oder Entitäten, die als Strukturlandschaft betrachtet werden können und die zum Zeitpunkt des Jetzt stets komplexere oder umfassendere Einheiten innerhalb der Entität verknüpfen.


    Anders gewendet: Jede Struktur ist Einheit ihrer Vergangenheit und eines Bewirkt-Werdens. Die einfachste Struktur ist die Einheit der Zweiheit des Kosmos, wobei die Einheit in diesem ursprünglichen Fall aus dem Bewirkt-Werden der Zweiheit und dem dadurch bewirkten Wandel bedingt wurde. Komplexere Strukturen umfassen – wie gesehen – eine Vielzahl an Wandel. Was geschieht, wenn eine komplexe Struktur ein Bewirkt-Werden erfährt? Grundsätzlich bewirkt jedes Bewirkt-Werden Wandel und eine neue Einheit, die daraus resultierende Entität. Dass mit zunehmender Komplexität der einzelne Wandel in der Entität weniger bewirkt als bei einfachen Entitäten, bedarf keiner großen Erwähnung und findet in der heutigen Zeit in der Massenware und deren Wert und/oder Bedeutungsverlust seine Entsprechung. Folglich bedingt ein Bewirkt-Werden in komplexeren Entitäten zwar stets einen Wandel, ob das Bewirkt-Werden die Entität nun in der Außenwelt zum Wandel zwingt oder der Wandel auf die Strukturen begrenzt bleibt, die die Entität als Einheit umfasst, wird durch ihre Vergangenheit bzw. den Pool an Wissen bedingt, der das umfassende Wissen bezeichnet und der infolge eines Bewirkt-Werdens die Entität zum einzig zulässigen Wandel zwingt. So wird – salopp ausgedrückt – ein guter Pokerspieler von vier Assen auf vielfältige Weise bewirkt, jedoch äußert sich dieses Bewirkt-Werden nicht sofort als Tun in Bezug auf die Außenwelt; er behält sein Äußeres, das Pokergesicht, obwohl er innerlich vor Freude Luftsprünge vollführt. Natürlich führt das exzellente Blatt, zu einem späteren Jetzt, zum Tun in der Außenwelt, indem er seinen Einsatz erhöht.


    Kurzes Fazit: Komplexität führt zu stets umfassenderen Strukturen, welche die Vielzahl des Bewirkt-Werdens der Entität (Innen- wie Außenwelt) in Bezug auf die Außenwelt, im Jetzt auf einen Wandel (Tun) reduzieren, gemäß seiner Vergangenheit bzw. dem Pool, der als umfassendes Wissen, dieses Tun bedingt. Die komplexe Entität wird somit als Entität des 'Ich bin' weiterhin von jedem Bewirkt-Werden zum Wandel gezwungen, jedoch erscheint ihr in der Wahrnehmung nur der Wandel, der aufgrund von umfassenderen Strukturen bedingt wird. Ein Photon, das die Entität des 'Ich bin' bewirkt, bedingt Wandel, der – als Bewirkt-Werden – in der Entität des 'Ich bin' nicht in der Wahrnehmung erscheint. Erst eine Vielzahl an Photonen bewirkt als Struktur 'Feuer' und/oder 'Gefahr', welche die Entität zum Wandel, einem Tun in der Außenwelt zwingt, indem es sie zum einen vor dem Feuer und der damit verbundenen Gefahr die Flucht ergreifen, und ihr zum anderen die den Wandel bedingenden Strukturketten in der Wahrnehmung des 'Ich bin' erscheinen lässt.


    Jetzt werden auch die Qualia – der subjektive Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes – verständlicher, oder wie wir es formuliert haben: Der subjektive, mentale Zustand eines Erlebnisgehaltes. Der Begriff 'subjektiv' bedarf keiner weiteren Erklärung. Der 'Erlebnisgehalt’ ist bei jeder Entität – die Entität als Durchschnitt der Mannigfaltigkeit, der sie zugehört – grundsätzlich als Erlebnis der gleiche, nur im Gehalt oder Erleben (Empfinden) unterschiedlich. Jede 'Ich bin'-Entität friert. Wie sie es empfindet und auf das Erlebnis reagiert, ist subjektiv und liegt in ihrem Wesen, ihrer Vergangenheit begründet. Der mentale Zustand umfasst ein Jetzt, in dem das Bewirkt-Werden der Entität dem 'Ich bin' in der Wahrnehmung erscheint. Als komplexe Entität nimmt das 'Ich bin' im Jetzt das Wandlungsgeschehen von Strukturen, welche das 'Ich bin' zu dem ihm in der Wahrnehmung erscheinenden 'Ich bin' gewandelt haben, wahr. Vereinfacht dargestellt führt das Öffnen der Tür im Winter zur Wahrnehmung von Kälte, die je nach Erlebnisgehalt des Frierens als Empfindung ein unterschiedliches Tun bedingt: Schließen der Tür, Mantel anziehen, mit den Händen die Oberarme reiben usw. Welchen Wandel die Entität im Tun zur Handlung bringt, wird von ihrer Vergangenheit bedingt und dem 'Ich bin' in der Wahrnehmung als Wandel oder Tun im Jetzt vorgestellt. Das Öffnen der Tür im Winter führt zur Wahrnehmung von Kälte und aufgrund der Empfindung von 'Frieren' zum Schließen der Tür.


    Das 'Ich bin' umfasst eine Vielzahl an Strukturen oder Strukturketten (Strukturebenen), deren vielfältiges Bewirkt-Werden als Vergangenheit des 'Ich bin' seinen Wandel und/oder sein Tun bedingen und ihm als Wahrnehmung im Jetzt erscheinen. Qualia sind folglich Ausdruck einer oder mehrerer Strukturen, die im Jetzt des 'Ich bin' durch das Erleben (Bewirkt-Werden der Entität) den Wandel der Strukturen bedingen, der dann zum Tun der Entität führt, welches dem 'Ich bin' zu einem späteren Jetzt in der Wahrnehmung als Tun (Handlung, Gedanke usw.) erscheint. Qualia sind somit Strukturen (Strukturketten), die materielle und spirituelle Realität zu einer Einheit verknüpfen, die im Jetzt sowohl innerhalb der Struktureinheiten als auch bei der Entität einen Wandel oder ein Tun bedingen, das dem 'Ich bin' zu einem späteren Jetzt in der Wahrnehmung erscheint bzw. vorgestellt wird.


    Die Aussage über Qualia, der mentale Zustand fühle sich für die Person auch auf eine bestimmte Weise an, besagt nichts anderes, als dass das 'Ich bin' im Jetzt über eine Wahrnehmung – Frieren – verfügt, und weil die Wahrnehmung (Empfindung) die materielle wie spirituelle Realität, also körperliche und geistige Strukturen, umfasst, nimmt das 'Ich bin' in der Wahrnehmung 'Frieren' körperlich wie geistig als Empfindung infolge des Bewirkt-Werdens der Entität von Kälte wahr. Die Begriffe 'Frieren', 'Empfinden' usw. sind Bezeichnungen des 'Ich bin', die ihm synonym für Strukturen und deren Wandlungsgeschehen in der Wahrnehmung erscheinen, und zu dem Zitat von Ned Block ('Sie fragen: Was ist das, was Philosophen 'qualitative Zustände' genannt haben? Und ich antworte, nur halb im Scherz: Wie Louis Armstrong schon sagte, als man ihn fragte, was Jazz sei: Wenn du erst fragen musst, wirst du es nie verstehen'7) lässt sich sagen: Jazz steht als Synonym für eine ihn bedingende Strukturlandschaft, sofern diese in der Entität zur Ausbildung gelangte, und erscheint der Entität auf unterschiedliche Weise in der Wahrnehmung, stets jedoch gemäß seiner Vergangenheit bzw. seinem Wesen.


    Zuletzt ein Beispiel von Ansgar Beckermann: 'Und wenn jemand sagt, er wisse trotzdem nicht, worin der qualitative Charakter etwa eines Geschmacksurteils bestehe, können wir diesem Unverständnis so begegnen: Wir geben ihm einen Schluck Wein zu trinken, lassen ihn danach ein Pfefferminzbonbon lutschen und geben ihm dann noch einen Schluck desselben Weins mit der Bemerkung: Das, was sich jetzt geändert hat, das ist der qualitative Charakter deines Geschmacksurteils.'8


    Das Bewirkt-Werden bedingt Wandel und eine neue Einheit, die daraus resultierende Entität, sowohl innerhalb von Strukturen als auch in den zu umfassenderen (übergeordneten) Einheiten verknüpften Strukturketten (Begriffen), bis zu der Wahrnehmung des 'Ich bin' im Jetzt. Deshalb erzeugt Wein in der Wahrnehmung des 'Ich bin' im Jetzt eine spezielle, von der Vergangenheit und dem Bewirkt-Werden der Entität bedingte Wahrnehmung, welche durch das Pfefferminzbonbon als nachfolgende Wahrnehmung ersetzt und in der wiederholten Wahrnehmung des zuvor gekosteten Weins, die ebenfalls spezielle, jedoch gewandelte Wahrnehmung bedingt.


    Das 'vermeintliche' Qualia-Problem wird durch die Wahrnehmung des 'Ich bin' als Einheit einer Entität bedingt, die sowohl materieller wie spiritueller Natur ist, und sich im Jetzt einer umfassenderen Wahrnehmung und damit einem tieferen Verständnis entzieht.


    An dieser Stelle muss ich mich noch dafür entschuldigen, dass in diesem Kapitel die Thematik des 'Ich bin' nicht in der ihr gebührenden Bedeutung und damit umfassenden Weise abgehandelt wurde. Ziel dieser Schrift war die Grundlegung des Wesens des Kosmos; dessen Anfang, Entwicklung und Zukunft. Der Exkurs zur Wahrnehmung des 'Ich bin’ war in Bezug auf das Verständnis des Wesens des Kosmos notwendig; er musste deshalb nicht ausführlich sein und wirft somit mehr Fragen auf, als er beantwortete. Im Vordergrund der Betrachtung stand, wie bereits mehrfach gesagt, das Wesen des Kosmos. Abschließend ein Blick in seine weitere Entwicklung, der zugleich ein Ausblick in die Zukunft des 'Ich bin' ist.


    Fortsetzung folgt.

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