Über Wirkungen
Folgende Zeilen sollen verdeutlichen, dass kein Leben sinnlos ist. Gerade in der heutigen Zeit, in der der Lockruf des Geldes, die Sucht nach Ruhm die Menschen zu den absurdesten Handlungen verführt, ist es wichtig, dass wir uns der wahren Bedeutung des Menschen und seiner Zugehörigkeit zum Seinsfeld nicht nur erinnern, sondern bewusst machen.
Es gibt, um ein Beispiel aus der Entwicklungstheorie von C. F. Wolff (1734 – 1794), einem deutschen Philosophen, zu verwenden, den Begriff der Epigenese, welcher aussagt, das Organismen sich vom Zeitpunkt der Befruchtung bis zum fertigen Lebewesen über eine Kette von Zelldifferenzierungen entwickeln, die sehr gut veranschaulicht, was mit Ereignisketten gemeint ist – kontinuierliches Fortschreiten, Ausbreitung von Wirkungen wie Wellen über einen See.
Die Zeugung des Organismus ist natürlich ein Beginn, zugleich aber auch ein Produkt von Wirkungen im Seinsfeld. Mein Leben nimmt seinen Anfang im Augenblick der Befruchtung, und doch liegt der Ursprung meines Selbst in grauer Vorzeit und wird, sollte ich Kinder hinterlassen, in ihnen und in modifizierter Form weiterleben. Nur eine Art von Ewigkeit, ein Wirkungsstrang von vielen.
Jedes Leben hinterlässt Wirkungen, verewigt sich im Raum-Zeit-Gefüge, dem Seinsfeld und prägt die weitere Entwicklung des Universums mit. Wirkungen können wir mit den verheerenden Tsunamis vergleichen. Betrachten wir die Oberfläche des Meeres, so scheint sie ruhig, als gäbe es keine Gefahr und doch breitet sich die vernichtende Welle unaufhaltsam aus.
Bevor wir uns weiter mit den Wirkungen (Leben des Individuums) befassen, ist ein Wort über den Dualismus von Ursache und Wirkung notwendig. Hierbei handelt es sich wie bei der Welle- oder Teilchen-Diskussion um einen Dualismus. Die Ursache ist dabei das Produkt von Wirkungen und gleichzeitig Auslöser weiteren Wirkungen. Erst der Mensch, eingebunden in die materielle Realität, zergliedert die Einheit und setzte die Ursache kategorisch vor die Wirkung. Genauer gesagt: Im Grunde gab es nur eine Ursache, ein ursächliches Ereignis, und das stellte der Big Bang dar. Alles Folgende sind Wirkungen, obwohl sie im Rückschluss als Ursachen angesehen werden können.
Jedes Individuum verändert die Entwicklung des Seinsfeldes und prägt seine Individualität, sein Selbst, seinen Informationsgehalt in dieses Umfassende des Homo sapiens ein. Das verstehe ich unter (individuellen) Wirkungen.
Jeder Aspekt des Lebens, bewusst oder unbewusst, zeitigt Wirkungen, welche sich in das Seinsfeld einprägen und die weitere Entwicklung des Homo sapiens beeinflussen. Der Zeitpunkt der Zeugung, der Augenblick, in dem der individuelle Informationsspeicher des Homo sapiens aufgespannt wird, beginnt Wirkungen sowohl in der materiellen Realität als auch im Seinsfeld hervorzurufen, wobei die Bedeutung des jeweiligen Lebens nichts über dessen spätere Wirkungen aussagt. Albert Einstein, seine Relativitätstheorien (spezielle und allgemeine) und die daraus resultierende neue Sicht des Universums oder Religionsstifter wie Jesus oder Buddha mit ihren ethischen Grundsätzen für das Leben der Menschen, sie alle, die großen Persönlichkeiten der Vergangenheit, beeinflussen die Entwicklung des Seinsfeldes (und natürlich der Menschheit) bis in die Gegenwart. Ihr Leben hinterließ oder genauer gesagt, verursachte große und weitreichende Wirkungen – oberflächlich betrachtet, und doch können sie klein und bedeutungslos sein im Vergleich zu dem Leben eines Bettlers, der mit 30 Jahren auf der Straße lebt und Jahre später an den Folgen seines übermäßigen Alkoholgenusses stirbt. Wirkungen entfalten sich oft spät und können dann nicht mehr auf ihre Urheber (Ursache) zurückgeführt werden. Mit anderen Worten: Der Mensch kann in Vergessenheit geraten. Selbst wenn nicht einmal mehr sein Geburtstag im Register seiner Heimatstadt von ihm kündet, bleiben seine Wirkungen (Informationsgehalt), seine individuelle Hinterlassenschaft, über die Zeiten erhalten. Wirkungen verblassen, werden schwerer erinnerbar, doch sie bleiben erhalten, unbewusst und die Entwicklung des Seinsfeldes prägend.
Die Entwicklung wird fortschreiten, im Laufe der Zeit seine Möglichkeiten erschöpfen und an ihr Ende kommen. Was zu diesem Zeitpunkt geschieht, entzieht sich unserer heutigen Vorstellungskraft. Das Endprodukt trägt jedoch die Handschrift jedes Individuums, seiner persönlichen Prägung, ohne dessen Fühlen, Denken und Handeln sähe die Meta-Realität (Universum) anders aus.
Leben ist stets eingebettet in das Seinsfeld. Erst dessen Ende löst es aus diesem Wirkungsgefüge in aktiver Form, das heißt: aus seinem biologischen sich selbst bewussten Sein heraus. Seine Wirkungen bleiben erhalten und pflanzen sich fort. Das individuelle Sein kann nicht aus dem Seinsfeld getilgt werden, kein noch so unvorstellbarer Prozess ist dazu imstande. Nehmen wir zum Beispiel den allgemeinen Glauben an den freien Willen des Individuums. Wir haben einen Gedanken (Idee) oder führen eine Handlung aus und setzen diese Akte als Ursache weiterer Wirkungen, weil wir dem Irrtum unterliegen, dass wir dessen bewusster Initiator sind, folglich eine Ursache gesetzt haben, von der Wirkungen ausgehen, die selbst jedoch nicht Produkt von Wirkungen ist. Ein Trugschluss! In Wirklichkeit kennen wir nur die Wirkungen nicht, die zu dieser Ursache (dem Gedanken oder der Handlung) geführt haben.
Der Mensch setzt willkürlich Ursachen und beobachtet die davon ausgehenden Wirkungen. Nichts entsteht aus sich heraus (zumindest innerhalb des Seinsfeldes (dieses Universums)). Deshalb hinterlässt jedes Individuum (jedes ‚Ich bin‘) Wirkungen.
Wirkungen bleiben erhalten und pflanzen sich fort. Sie basieren auf Interaktion; das Individuum besitzt darauf keinen Einfluss. Wirkungen entfalten sich in die zukünftige Zeit hinein, durchlaufen ihrerseits Entwicklungen und erreichen unter Umständen erst in vielen Jahren ihre Bedeutung. Erinnern wir uns des Beispiels aus der Chaostheorie vom Schmetterling, dessen Flügelschlag einen Orkan auslösen kann, so verdeutlicht diese Analogie das wahre Ausmaß von Wirkungen.
Jedes Leben prägt die weitere Geschichte des Seinsfeldes und wird selbst du rch den Tod des Individuums nicht beendet.
Der Tod hebt den Menschen nicht auf.