Sinn des Lebens II

  • Sinn des Lebens II


    Die Weisen sagen: Erleuchtete sind im Zustand des Wissens. Alle anderen Menschen sind im Zustand des Nicht-Wissens, weil sie die ganze, wahre Wirklichkeit durch den Filter ihrer relativen Ego-Brille nicht erkennen können.
    Frage: Worin unterscheidet sich eine bewusste Wahrnehmung von einer anderen bewussten Wahrnehmung? Die Unio Mystica gelangt erst zur Erscheinung, wenn sie bewusste Wahrnehmung ist. Erst die Transformation mit dem Ich bin bringt sie zur Existenz. Als ‘reine’ Erfahrung des Leibes bleibt sie mit dem Leib verhaftet und somit im Dunkel, der bewussten Wahrnehmung nicht zugänglich. Folglich ist die Unio Mystica die bewusste Wahrnehmung eines Zustandes des Leibes, der individuell - je nach Ego - interpretiert wird. Das nicht jedes Ich bin die bewusste Wahrnehmung der Unio Mystica zur Erscheinung bringen kann, liegt in ihrem ‘individuellen’ Vergangenen. Die Unio Mystica führt somit nicht in den Zustand des Wissens, sondern vermittelt lediglich ein anderes Wissen, das sich aus dessen individuellem Vergangenen rekrutiert. Ohne Unio Mystica existiert das Ich bin nicht im Nicht-Wissen, sondern verfügt - wie gesagt - über ein individuelles, dem Anderen gegenüber, unterschiedliches Wissen.
    Vorsicht vor den Weisen, die das wahre Wissen vermitteln, nur zu oft entspringt es nicht der Unio Mystica, sondern dem übersteigerten Selbst eines Ich bin, das die bewusste Wahrnehmung eines Zustandes des Leibes in der Weise interpretierte, das sie die Erhaltung seines Daseins gewährleistete.
    Was ist Ego? Das Ich, das Ego, ist ununterbrochen aktiv. Ablehnen, wollen, rechtfertigen, beurteilen, unterscheiden. Diese Aktivität selbst ist Leiden.
    Zuerst muss unterschieden werden zwischen dem Tun des Leibes und dem des Ich bin (Ego). Jedes Tun, selbst die bewusste Wahrnehmung, welche dem Ich bin als Erkenntnis zur Erscheinung gelangt, ist Tun des Leibes. Die bewusste Wahrnehmung des Ich bin beruht auf dem Prozess der Fokussierung des Leibes auf einen besonderen Zustand eben dieses Leibes, bei dem dieser mit einem Symbol, Begriff zur Einheit des Ich bin transformiert und in die ‘Ich-bin-Kategorie’ transferiert wird. Daraus erhebt sich die Frage, wie der Transformationsprozess des Leibes überwunden, sprich vom ‘Ego’ befreit werden soll. Das Ego ist eine besondere Kategorie von Zuständen des Leibes, die durch den Austausch von Informationen sowohl mit der Innenwelt des Leibes als auch mit dem Anderen der Außenwelt, durch Transformation zur Einheit des Ich bin und dadurch zur Erscheinung gelangt. Ohne Ich bin bzw. der ‘Ich-bin-Kategorie’, wäre der Homo sapiens auf eine frühere Evolutionsstufe retardiert und nicht mehr überlebensfähig.
    Das Ich bin, das Ego, umfasst die Summe der Transformationen, die zu der Einheit des Ich bin verknüpft wurden und die ‘Ich-bin-Kategorie’ bilden; die Daten des vergangenen Lebens.
    Die Weisen, welche in der Unio Mystica, dieses Ego zu überwinden glauben und in Kontakt mit einer umfassenderen bzw. höheren Wesenheit treten, wechseln nur die Fokussierung des Leibes und transformieren diese in einem späteren Schritt zur Einheit des Ich bin. Wissen um eine Wahrnehmung, ist nur möglich, wenn diese mit dem Ich bin verknüpft wird. Ohne Ich bin bzw. Ego, bliebe sie unbewusst.
    Des Weiteren ist das Ego mehr als die mit ihm assoziierten negativen Eigenschaften, es ist auch Liebe, Annahmen usw. Wer behauptet, das die Aussage: „Ich liebe Dich“, eine Lüge ist, weil die Person, die ‘Ich’ sagt. nicht lieben kann und nicht weiß, was Liebe ist, weil die Persönlichkeit das Produkt des Mangels an Liebe ist, und deshalb nicht wissen kann was Liebe ist, der ist ‘wahrhaft zu bedauern. Indem diese Weisen einen Zustand des Körpers, der ihnen in der Mediation, oder in anderen Augenblicken, zuteil wurde, als ‘Erleben’ der wahren (absoluten) Wirklichkeit interpretieren, und aus dieser Interpretation, die zugegebener Maßen außergewöhnlich ist, nur aus der Erfahrung des ‘Alles-ist-Eins’ heraus das Recht ableiten, dass nur sie wüssten was Liebe usw. ist, grenzt m. E. an wahnhaftes Verhalten. Wie gesagt: Ohne Transformation dieser Wahrnehmung des Leibes durch Fokussierung zur Einheit des Ich bin, der bewussten Wahrnehmung die ihm als Erkenntnis aufscheint, bleibt die Unio Mysica von Dunkelheit umhüllt im Verborgen.

    Weiter Teil III:


    Alles Übel auf der Welt hat nur eine Ursache: „Das gehört mir.“ (Mello)
    Die Frage ist: Ist diese Aussage von Übel oder wird sie es erst ab einem bestimmten Grenzwert von Besitz? Ich betrachte den frühen Homo sapiens, der sein weniges Hab und Gut, welches ihm das Überleben sichert, mit den Worten „Das gehört mir!“ verteidigt. Sollte er stattdessen zusehen, wie der Andere seine warme Winterkleidung an sich nimmt, davon geht, während er in der kommenden Nacht erfriert. Ich füge noch hinzu, dass der Andere bereits vom Tode gezeichnet ist und trotz der erbeuteten Winterkleidung ebenfalls die nächste Nacht nicht übersteht. Natürlich lässt sich argumentieren, dass, wen beide in der wahren Wirklichkeit leben würden, der Andere die warme Kleidung nicht entwendet hätte bzw. selbst die freiwillige Gabe aufgrund seines schlechten Zustandes abgelehnt hätte. Doch wie endet diese Debatte? Wie bei Buridans Esel? Oder hätte sie die Kleidung geteilt, in der Hoffnung, dass sie auf diese Weise beide überleben?
    Anders gewendet: Ist der Ausspruch „Das gehört mir!“ nicht die Transformation einer Prozesskette bzw. eines Programms aus noch früherer Zeit, das jetzt in dieser Ich bin Form wiederkehrt? Und selbst wenn ein evolutionär erfolgreiches Verhalten in späterer Zeit als Übel angesehen wird, so doch nur aufgrund der extremen Art und Weise, wie es teilweise zur Erscheinung gelangt.
    Der erste Fehler der Weisen liegt in der dem Leib zugrunde liegenden Prämisse, die der Erhaltung des Daseins. Der zweite Fehler besteht darin, dass sie die Liebe, die ein Spätes in der Evolution des Kosmos ist, ebenso wie die Unio Mystica, aus Furcht vor dem Dasein bzw. dessen Verlust, überbewerten und deshalb an einem Punkt verorten, der von Liebe nichts weiß, nichts wissen kann, weil ein derart komplexer Zustand, wie er für das Empfinden von Liebe, Voraussetzung ist, im frühen Kosmos nicht existierte.

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